Wozu diese Internetseite ?



Wozu gibt es diese Internetseite und das Aktionsbündnis “Medizinstudierende gegen die Finanznot” überhaupt ? Um was für ein Defizit geht es hier und was sind die Forderungen ?

Hierzu nachfolgend das Positionspapier unseres Aktionsbündnisses:

 (Update 06.02.14: Auch die Fachschaft Humanmedizin der Marburger Universität hat ein Positionspapier verfasst. Hier geht es zum Artikel)

 

Stellungnahme der Gießener Medizinstudierenden zur Unterfinanzierung der Hochschulmedizin

 

Wir, die Vertretung der Medizinstudierenden der Justus-Liebig-Universität Gießen, sehen die Qualität von Forschung und Lehre an unserem Fachbereich durch die Unterfinanzierung der Universitäten substanziell bedroht. Im Folgenden wollen wir den Sachverhalt eingehend thematisieren und daraus begründete Forderungen ableiten.

In Analogie zu den vorigen Jahren, wurde auch das Geschäftsjahr 2013 mit einem Haushaltsdefizit im hohen einstelligen Millionenbereich abgeschlossen. Der Fehlbetrag konnte zwar durch die einmalige Auflösung von Rücklagen und die Umwidmung von Mitteln ausgeglichen werden, zog jedoch die fachbereichsweite Verhängung einer Haushaltssperre durch das Präsidium nach sich, die in modifizierter Form immer noch Bestand hat.

Das für 2014 prognostizierte Defizit beläuft sich zum jetzigen Zeitpunkt bereits auf eine ähnlich hohe Summe, die aber angesichts der Auflösung finanzieller Reserven im Zuge des Haushaltsausgleiches in den Vorjahren zu einem Großteil unbeherrschbar ist.1

Das Gesamtbudget wird durch Fixkosten wie Personal- und Verwaltungskosten, Mittel für Lehre und Forschung sowie die Verpflichtungen für Berufungszusagen und Projektförderung bereits überschritten. Konsekutiv fehlen die Gelder, um Innovationen und Verbesserungen am Fachbereich zu fördern, was eine erfolgreiche Weiterentwicklung der praxisorientierten, patientennahen Ausbildung akut gefährdet. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass in Hessen – einem der reichsten Bundesländer der Republik – der Landeszuführungsbetrag deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt. So erhält die Universität pro Studierendem der Humanmedizin pro Jahr 24.200 € vom Land. Verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, der bei rund 31.300 € liegt, ergibt sich eine Differenz von 7.100 €, woraus ein erheblicher Wettbewerbsnachteil für unseren Standort resultiert.2 Zusätzlich ergeben sich aus den prinzipiell begrüßenswerten Exzellenzforschungs-Initiativen (wie z.B. LOEWE) langfristige Verstetigungsverpflichtungen, welche ohne entsprechende Gegenfinanzierung die Situation weiter verschärfen.

Die Aufteilung der durch den Hochschulpakt festgelegten Landesmittel auf die drei medizinischen Fakultäten Hessens (Gießen, Marburg und Frankfurt) erfolgt nicht in einem chancengleichen Wettbewerb, da nicht alle Fachbereiche die zur Vergabe der Gelder herangezogenen Kriterien selbstständig positiv beeinflussen können. So ist es dem Fachbereich Gießen durch die Bindung an die Kapazitätsverordnung nicht möglich, Studierendenzahlen selbstständig zu erhöhen, um zusätzliche Landesmittel akquirieren zu können, wohingegen Frankfurt als Stiftungsuniversität diese Option offensteht. Die unmittelbare Folge ist die Schaffung einer Konkurrenzsituation, bei der die erfolgreiche Einwerbung von Mitteln durch eine medizinische Fakultät stets mit der direkten Schwächung der übrigen einhergeht, was wiederum eine massive Planungsunsicherheit nach sich zieht. Die Landesärztekammer kritisiert bereits in einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2010 das Konzept des Hochschulpaktes und betonte, dass „Kürzungen keinesfalls linear an die Medizin weiter gegeben werden [dürften]“.3 Außerdem ginge die Etablierung des Hochschulpaktes nach Angaben der Landesärztekammer mit Kürzungen der an die medizinischen Fachbereiche gezahlten Gelder in Millionenhöhe, und der Befürchtung, es könne zu einem Wegfall von Studienplätzen kommen, einher.4

Neben den geschilderten Entwicklungen führen darüber hinaus auch vom Land unzureichend gegenfinanzierte Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst zu einer stetigen finanziellen Mehrbelastung.

Durch die oben geschilderte Situation werden strukturelle Anpassungen notwendig, die mit einem massiven Stellenabbau einhergehen; Zwar konnten für das Wintersemester 2013/14 alle essentiellen, Lehre und Forschung betreffenden Stellen verlängert werden, langfristig sollen jedoch etwa 40 Stellen abgebaut werden, was erhebliche Einschränkungen im universitären Betrieb nach sich zöge.

 

Im schlimmsten Fall wäre eine Verringerung der zur Verfügung stehenden Studienplätze die Konsequenz. In diesem Fall würde sich die Lage durch die daraus resultierende Verminderung der Landeszuführungsbeträge weiter verschlechtern und der Fachbereich in eine Abwärtsspirale aus Stellenabbau und Mittelkürzungen geraten.

Die Durchführung von exzellenter Lehre und Forschung ist nur durch entsprechende Investitionen möglich, aber notwendig, um dem Anspruch einer hochqualitativen ärztlichen Ausbildung zu genügen.

 

Wir fordern deshalb:

1. Die Anhebung des Landeszuführungsbetrages auf den Bundesdurchschnitt.

Bereits die Angleichung des Landezuführungsbetrages (momentan 24.200 €) an das Niveau des Bundesdurchschnitts (31.300 €) ergäbe, bei Zugrundelegung der momentanen Studierendenzahlen (ca. 2400), ein sicheres und wettbewerbsunabhängiges finanzielles Zusatzvolumen von rund 17.000.000 €.

Damit wäre die Haushaltssituation nachhaltig gesichert.

2. Die Etablierung eines nachhaltig tragfähigen Finanzierungskonzeptes für Exzellenzforschung.

Das momentane Finanzierungsmodell für Exzellenzforschung bringt den Fachbereich in eine Zwangslage, da der für die Fakultäten langfristig betrachtet entstehenden Mehrbelastung, nur auf Kosten eines Verzichtes auf die Exzellenzforschung als solche entgangen werden kann. Für die Attraktivität eines Standortes spielt die Exzellenzforschung jedoch eine wesentliche Rolle.

3. Die Schaffung fairer Rahmenbedingungen für die Verteilung der hessischen Landesmittel.

In der jetzigen Form sind die zur Mittelvergabe herangezogenen Kriterien nicht von allen Fakultäten selbstständig positiv beeinflussbar. Eine Umstrukturierung des Konzeptes wäre auch in Hinblick auf ein partnerschaftliches Verhältnis der medizinischen Fachbereiche an den hessischen Hochschulen förderlich.

 

Um die genannten Ziele zu erreichen, haben wir ein Aktionsbündnis gegründet und hoffen darauf, dass unsere Argumente Gehör finden.

Im Auftrag der Fachschaft Humanmedizin,
Im Auftrag des Aktionsbündnisses ‚Medizinstudierende gegen die Finanznot der Hochschulmedizin‘,

André Worm, Tim Steinwede, Thomas Franke, Lennart Trimborn.

 

Das Positionspapier als PDF-Datei

Stand: 17.12.13

Quellen:

1 Vgl.: Öffentlicher Teil Fachbereichsratsitzung; Protokolle nach Anfrage beim Dekanat einsehbar.

2 Vgl.: Archive Wissenschaftsrat; ‚Zahlen und Fakten (2008) zur Universitätsmedizin Gießen und Marburg im bundesdeutschen Vergleich (s. PDF-Datei)

3 Vgl.: ‚Qualität des Medizinstudiums durch Hochschulpakt bedroht‘; www.laekh.de; 25.5.2010 (s. PDF-Datei)

4  Vgl.: ebd.